Vielleicht klingt es ein bisschen makaber – aber ein Steak schmeckt doch gleich viel besser, wenn man nicht nur den Schlachter, sondern auch die Kuh kennt! In Sachen Roastbeef, Hack und Rindsroulade zeigt mein Geschmackskompass jedenfalls nur noch in eine Richtung: Nach Graditz zu den Hereford Elbweiderindern …
Klar, auch ich greife mal an einer gut sortierten Fleisch-Theke zu: Flanks aus der salzigen Luft Irlands, Filets von den nahezu endlosen Weiten der argentinischen Pampa oder Milchkalb-Bäckchen aus Tirol. Da kann wenig schief gehen. Eigentlich! Lieber setze ich auf die Elbweiderinder aus Graditz.
Bei 80 Grad sanft im Ofen gegart, mariniert mit Senf und Rosmarin, dann scharf angebraten – so mag ich mein Roastbeef! Butterzart, aber trotzdem mit schöner Struktur. Vollmundig, bissfest, super saftig.
Einfach und unglaublich lecker!
So gut kann doch nur eine glückliche Kuh schmecken …?! Mein Beef in Spe musste ich jedenfalls dringend mal kennenlernen und bin neulich mit Fotografin Claudia zum Gestüt Graditz gefahren, um dort Matthias Schneider und seine Herefords zu treffen:
Auf den Elbwiesen wachsen die Rinder auf. Natürlich und richtig glücklich! Gelegentlich sorgen sogar Westernreiter für Abwechslung im Alltag der Wiesenkräuter-Wiederkäuer. Bei unserem Besuch trieben die Leipziger Cowboys das Vieh unter lauten Muh-Rufen gekonnt zusammen und geleiteten es über die weitläufigen Weiden in ihr Sommerquartier an der Elbe. Fast wie im Bilderbuch – nur cooler.
Und trotzdem kindgerecht!„Kälber schlachten wir nicht“, sagt Landwirt Schneider. „Die bekommen kein Kraftfutter, sind also viel zu dünn – außerdem, wie soll ich denn das erklären: Ich zeige meinen Kunden die Kälber auf der Weide und biete sie dann im Laden an? Nein, das geht nicht. Es gibt höchstens mal einen Jungbullen.“
Mindestens zwei Sommer lässt Schneider die Tiere auf der Weide (er)leben. Und auch im Winter stehen die Herefords im Freien. Die Rasse ist nicht nur schmackhaft, sondern auch ziemlich robust. Zudem freundlich, sanftmütig und ausgestattet mit einem ausgeprägtem Mutterinstinkt.
Und die Herde lebt in perfekter Symbiose mit den Pferden des Gestüts. „Die lassen beim Weiden eine Menge Gras
für die Rinder übrig“, erklärt Schneider. Man spart den Rasenmäher, schont Pflanzen- wie Insekten und erhält obendrein vorzügliches Fleisch.
Vor allem beim Rinderhack zeigt sich die Top-Qualität: Ist das Tiefkühlprodukt aufgetaut und in der Pfanne (hier ein hilfreicher Lifehack zum Auftauen), brät kaum Flüssigkeit aus dem Fleisch. Und der Geschmack – eine Explosion. Ein Genuss! 100 Prozent Rinderhack und 100 Prozent Geschmack. Das Gewissen und die Geschmacksknospen jubeln!
Der Schlüssel zu diesem Geschmack?
„Das reifere Vieh – das schmecken viel intensiver“, sagt Schneider. Aber nicht nur die Senioren der Herde bringt Schneider an den Koch oder die Köchin. Bis zu 90 Prozent einer Kuh verarbeitet er. Zum Vergleich: In Deutschland werden vom Rind durchschnittlich 50 maximal 65 Prozent für unseren Genuss verarbeitet!
Das hatte sich der studierte Landwirt, der lange Jahre in der IT-Branche zu Hause war, anfangs zwar anders vorgestellt. Zunge, Niere oder Markknochen? „Ich habe natürlich wie ein Mann gedacht und wollte meinen Kunden nur die besten Steaks anbieten.“
Doch das ist dem Tier gegenüber nicht fair. Das ist nicht nachhaltig. Und auch nicht wirtschaftlich.
„Es gibt aber nur so viel Fleisch, wie vorbestellt und geschlachtet wurde.“ Punkt! Nicht mehr als 1,5 Kilo Filet pro Kunde. Meist Hobby-Köche, Familien und solche, die lieber wenig, dafür aber gutes Fleisch genießen. Obwohl die Nachfrage stetig steigt, bleibt der einst nur auf Wachstum getrimmte IT-Manager Schneider hart: „Wenn die Tiere nicht reichen, dann ist das eben so. Und es wird auch in Zukunft nicht mehr als zwei Hof-Termine in Leipzig geben.“
Aber nicht zuletzt macht auch das den einzigartigen Geschmack seiner Rinder aus! Die Herefords sind zwar in der ganzen Welt zu Hause. Eine reine Fleischrasse, eine der beliebtesten überhaupt. In Argentinien, Irland oder Neuseeland werden sie in XXL-Herden gehalten.
Die von den Elbwiesen bei Torgau schmecken jedoch einzigartig. Vielleicht auch, weil sich so kuhle Cowboys um sie kümmern …
Wo & Wann? Zwei Mal im Monat Verkauf im Elbweiderind-Hofladen in Liebertwolkwitz, Zum Rosengarten 1, 11 -20 Uhr. In Graditz auf Vorbestellung: Gestütsstraße 65, 04860 Torgau / Graditz, 13 – 16 Uhr
Wie viel? Roastbeef 27,50 €/Kilo, Filet 37,50 €/Kilo, Hackfleisch 9,50 €/Kilo, ebenfalls sehr lecker: tiefgefrorene Markknochen 6€/Kilo …
Gut zu wissen: Lieferservice für das Stadtgebiet Leipzig ab 40 € Bestellwert + 4,50 € Liefergebühr, ab 80 € frei Haus.
Mehr Infos: www.hereford-graditz.de
Fotos: Claudia Masur, Michaela Morrison (2)
Ooooh! vielen Dank für diesen Hinweis. Wenn ich wieder mal in Leipzig bin, will ich nur dieses leckere Fleisch genießen können.
PS. Dieser anregende Report hat meine Geschmacksknospen aktiviert. Ich bin jetzt gespannt auf den beschriebenen leckeren Geschmack.
Das freut mich – guten Appetit!