Vintage-Möbel, Regale voller (Koch-)Bücher …
und unter den Augen zweier Antilopenköpfe sitzen entspannt speisende Menschen in geselligen Runden. Das Brüdigams versprüht eine sympathisch schrullige Wohnzimmer-Atmosphäre, wie ich sie bislang nur aus Frankreich kannte. Noch vor dem ersten Bissen bin ich Fan des kleinen Lokals in Eimsbüttel …
Nicht nur, weil ich vielleicht ein wenig frankophil bin. Meine Schwester schwärmt schon lange von dem bereits 2011 eröffneten Laden. Und gleichen wir uns optisch zwar nur wenig, so sind wir neben anderen geschwisterlichen Gemeinsamkeiten vor allem auch geschmacklich eng verwandt.
Die Kreationen von Chef Frank Brüdigam sind ganz nach unserem Gusto: Er kombiniert einfache Gerichte raffiniert mit Geschmacksmomenten aus aller Welt. „Gehobene Bistroküche mit einem persönlichen Flair und regionalen Produkten europäisch in Szene gesetzt“, hat sich das Restaurant auf die Fahnen geschrieben. Und endlich besuche ich das Lokal, natürlich zusammen mit meiner Schwester.
DIE KARTE LIEST SICH KÖSTLICH
Am liebsten einmal ALLES! Okay, das ist dann doch etwas zu reichhaltig. Ich entscheide mich für ein 4-Gang-Menü (42,50 Euro) und starte mit Rote-Bete-Carpaccio an gratiniertem Ziegenkäse samt arabischer Aromen.
Der Orient hält sich zwar vornehm zurück und ich war beim Anblick der gewöhnlichen Gartenkresse zunächst etwas enttäuscht. Doch jetzt weiß ich – Google sei Dank – das Kraut stammt aus dem Vorderen Orient. Die Samen wurden schon in alten Pharaonengräbern gefunden.
ORIENT MEETS OCCIDENT?
Jedenfalls harmoniert die Kresse perfekt mit den Hauptkomponenten meiner Vorspeise. Und die Haptik gefällt meinem Gaumen sehr – der Käse ist cremig fluffig, die erdige Knolle hauchzart und knackig. Das macht Appetit auf den nächsten Gang.
Gebratene Jakobsmuscheln mit geräuchertem Kartoffel-Kürbis-Püree und Granatäpfeln. Klingt spannend – und schmeckt fantastisch. Die süß säuerlichen Kerne fangen das kräftige Raucharoma elegant auf. Eine Kombination, die ausgezeichnet zum nussigen Geschmack der Meeresfrüchte passt. Einziger Kritikpunkt: die Coquilles landen leider etwas matschig auf meinem Teller.
Was dann folgt, heitert meine Geschmacksknospen aber sofort wieder auf: Geschmorte Ochsenzunge an Heidekartoffelstampf und gegrilltem Kürbis. Eine rustikale Delikatesse, die viel viel öfter auf deutschen Speisekarten stehen könnte: Hammer!
NACHTISCH GEHT IMMER
Wieder einmal habe ich meinen Magen total überschätzt. Eigentlich bin ich (mehr als) satt. Aber schon der Duft des köstlich dampfenden Schoko-Malheurs mit Waldbeerenragout reaktiviert meine Esslust. Sogar so sehr, dass ich das Holunderblüten-Mousse mit Gin-Gurken vom Teller meiner Schwester koste.
Eigentlich stehe ich ja auf Desserts wie dieses. Wenig Süße – und ich liebe den betörenden Geschmack von Holunder. Der kam mir aber ein wenig zu kurz. Kein Malheur! Ich wende mich wieder inbrünstig meinem Schokoladenkuchen zu und genieße den flüssigen Kern.
Mein Fazit: Das Brüdigams kocht locker in der ersten kulinarischen Bistro-Liga mit. Und der hanseatisch freundliche Service hat mit einer exzellent geplanten Weinreise sehr zu dem gelungenen Abend beigetragen.
Glücklich, satt und zufrieden verlassen wir gegen Mitternacht das Lokal und kommen bestimmt bald wieder …
Wo? Eppendorfer Weg 98, Hamburg Eimsbüttel
Wann? Mittwoch bis Samstag 17.30 bis 23 Uhr
Wie viel? Drei Gänge nach Wahl ab ca. 35 Euro
Gut zu wissen: Auch Vegetarier kommen im Brüdigams auf ihren Geschmack
Mehr Infos: www.bruedigams.de
Fotos: Michaela Morrison